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Hering Torres

Rassismus in der Vormoderne

Die »Reinheit des Blutes« im Spanien der Frühen Neuzeit

Medium: Buch
ISBN: 978-3-593-38204-3
Verlag: Campus Verlag GmbH
Erscheinungstermin: 06.11.2006
Lieferfrist: bis zu 10 Tage
Seit dem 15. Jahrhundert wurde in Spanien die Limpieza de Sangre, die Reinheit des Blutes, als Statut in wichtigen Institutionen wie Stadträten, Universitäten oder Orden verankert. Personen mit 'unreinem Blut', das hieß von jüdischer oder muslimischer Herkunft, hatten keinen Zugang. Max S. Hering Torres untersucht Konzeption und Folgen dieser Doktrin und stellt dar, dass sich der Antisemitismus und Nationalismus des 19. und 20. Jahrhunderts zeitweise einer ähnlichen Argumentation bedienten.

Produkteigenschaften


  • Artikelnummer: 9783593382043
  • Medium: Buch
  • ISBN: 978-3-593-38204-3
  • Verlag: Campus Verlag GmbH
  • Erscheinungstermin: 06.11.2006
  • Sprache(n): Deutsch
  • Auflage: 1. Auflage 2006
  • Serie: Campus Forschung
  • Produktform: Kartoniert
  • Gewicht: 371 g
  • Seiten: 292
  • Format (B x H x T): 144 x 215 x 23 mm
  • Ausgabetyp: Kein, Unbekannt

Autoren/Hrsg.

Autoren

Hering Torres, Max Sebastián

Inhalt
Vorwort. 11
1. Einleitung. 14
1.1 Einführung in die Thematik. 14
1.2 Forschungsstand. 17
1.3 Ziel und Methode. 24
2. Der Weg zur Konversion. 28
2.1 Die rechtliche Lage der Juden im Mittelalter. 28
2.2 Die antijüdischen Ausschreitungen von 1391. 30
2.3 Fazit: Vom jüdischen zum neuchristlichen 'Problem'. 34
3. Norm als System der Ausgrenzung. 36
3.1 Die soziale Lage vor der Formulierung des Sentencia-Estatuto. 37
3.2 Das Sentencia-Estatuto von Toledo 1449. 39
3.3 Die Instrucción von 1449 – eine Widerlegung des Sentencia-Estatuto. 46
3.4 Das Memorial von 1449 – eine Apologie des Sentencia-Estatuto. 49
3.5 Das Defensorium Unitatis Christianae – Gegenangriff auf das Memorial. 57
3.6 Fazit: Normen als Fundament der limpieza de sangre. 62
4. Die Verbreitung der 'Statuten zur Reinheit des Blutes'. 64
4.1 Bildung, Weisheit und 'Reinheit' in den Colegios Mayores. 65
4.2 Noblesse, Privilegien und 'Reinheit' in den Militärorden. 70
4.3 Verfolgung, Überwachung und 'Reinheit' in der Inquisition. 72
4.4 Fazit: Die 'Statuten zur Reinheit des Blutes' als Monopol
der Machtkonzentration. 81
5. Ausgrenzungssystem als Begründer sozialer 'Wirklichkeiten'. 82
5.1 Die Ständegesellschaft und die Frage nach der 'Reinheit'. 83
5.2 Genealogie als Schlüssel gesellschaftlichen Lebens. 84
5.3 'Blut', 'Rasse' und 'Herkunft' als Kampfmittel um Ämter
am Colegio Mayor de San Ildefonso in Alcalá de Henares. 91
5.4 'Blut', 'Rasse' und 'Herkunft' innerhalb der Militärorden:

Ein verhängnisvolles Argument. 105
5.5 'Blut', 'Rasse' und 'Herkunft' als soziale Konstruktion der Zeugen
an der Inquisition von Córdoba. 118
5.6 Fazit: Der genealogische Judenhass ohne Judentum. 128
6. Das Ideengut der limpieza de sangre. 132
6.1 Die 'Reinheit des Blutes': Ein theologischer Denkansatz. 132
6.1.1 Das Konzept der 'Reinheit' in der jüdisch-christlichen Tradition. 133
6.1.2 Das Prinzip der Sünde und der 'inneren Unreinheit'. 138
6.1.3 Die Kreuzigung Jesu Christi und die kollektive Schuld der Juden. 141
6.1.4 Das Prinzip der Erbsünde als 'jüdisches Problem'. 148
6.1.5 Die Macht der Bibel. 151
6.2 Limpieza de sangre: Die Verwissenschaftlichung eines
theologischen Denkansatzes?. 156
6.2.1 Die antike Humoralpathologie und die Erfassung des Körpers. 157
6.2.2 Die Erfassung des anomalen Geistes und Körpers
in der Medizin der Frühen Neuzeit. 161
6.2.3 Neuchristen-Körper – Juden-Körper. 169
6.2.3.1 Physiognomie, Temperamente und körperliche Verfassung. 169
6.2.3.2 Blut, Samen und Mutterleib. 172
6.2.3.3 Blut, Milch und Infektionsgefahr. 174
6.2.3.4 Körpersäfte, 'Unreinheit' und Krankheit. 175
6.2.3.5 Blut, Menstruation und Hämorrhoiden. 176
6.3 Fazit: Das Ideengut der limpieza de sangre:

Theologische Denkbilder und Symbole. 180
7. Die Konstruktion der Vergangenheit –
Zwischen Inklusion und Exklusion. 182
7.1 Eine 'unwiderrufliche Prämisse':

Die biblischen Abstammungslegenden. 183
7.2 Isidor von Sevilla – Schöpfer einer historischen Ambivalenz?. 184
7.3 Der gotische Ursprungsmythos. 189
7.4 Der iberische Ursprungsmythos. 194
7.5 Fazit: Historiographie und Ursprungsmythen als Argument. 197
8. Limpieza de sangre: Rassismus in der Vormoderne?. 200
8.1 Begriffe und Definitionen als Bedeutungsträger. 202
8.2 Forschungsstand. 205
8.3 'Rasse' und 'Reinheit': Prinzip und mentalitätshistorischer Kontext
– Eine methodische Möglichkeit. 210
8.3.1 Die 'Ungleichheit' der 'Gleichheit'. 211
8.3.2 Die 'Unwahrheit' der 'monistischen Wahrheit'. 214
8.3.3 Theologie als Sprachrohr 'wahrer Ungleichheit'. 217
8.4 Fazit: Limpieza de sangre als rassistische Erscheinung. 246
9. Ergebnisse und Reflexionen. 251
Anhang
Glossar. 265
Verzeichnis der Abkürzungen. 270
Quellen. 271
Literatur. 276

Aber was bedeutet genau limpieza de sangre? Diese Frage zu beantworten, ist eines der Ziele dieser Untersuchung und insofern kann und soll zunächst nur eine einführende Definition vorangestellt werden. Die treffendste Übersetzung der spanischen Bezeichnung limpieza de sangre ist im Deutschen wohl 'Reinheit des Blutes'. Die konzeptionellen Grundsäulen der limpieza-Vorstellung gliederten sich in die einander bedingenden dialektischen Kategorien von 'unreinen' (manchados, infectos) und 'reinen' (limpios) Individuen. Von 'reinem Geblüt' zu sein, bedeutete dieser Vorstellung nach, frei von jüdischer, moslemischer oder andersgläubiger 'Befleckung' zu sein. Mit anderen Worten: Menschen, die von Andersgläubigen abstammten, obwohl sie selbst oder ihre Vorfahren bereits zum Christentum konvertiert waren, galten nach jenem Dogma als 'befleckt'. Zwar war nach kanonischem Kirchenrecht den Söhnen und Enkelkindern von Häretikern (zwei Generationen) generell das Bekleiden von öffentlichen und kirchlichen Ämtern im christlichen Abendland des Mittelalters und der Frühen Neuzeit untersagt. Doch das Prinzip der 'Statuten zur Reinheit des Blutes' ging viel weiter: Demzufolge war den Neophyten und deren christlichen Nachfahren das Bekleiden von öffentlichen Stellen und der Zugang zu Universitäten, Ritterorden, religiösen Orden, Inquisition usw. verwehrt, wenn durch 'genealogische Untersuchungen' ein einziger 'befleckter' Blutstropfen unter ihren Ahnen nachgewiesen werden konnte. Das heißt, alle jüdischen und moslemischen Nachfahren, die zum Christentum übergetreten waren, waren einzig und allein aufgrund ihrer Abstammung gesellschaftlich und beruflich diskreditiert, unabhängig davon, ob sie fromme Christen geworden waren. Dies war in der Tat etwas Neues und im europäischen Kontext ausgesprochen singulär: Ein geradezu paradoxes Prinzip, wie auch einige kastilische Zeitgenossen des 15. Jahrhunderts betonten und kritisch hinterfragten, etwa der Bischof von Burgos Alonso de Cartagena. Denn gehen nicht die Wurzeln, auf die sich das Christentum beruft, teilweise auf das Judentum zurück?