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Künkler

Aus den Dunkelkammern der Moderne

Destruktivität und Geschlecht in der Bildenden Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts

Medium: Buch
ISBN: 978-3-412-18005-8
Verlag: Böhlau
Erscheinungstermin: 03.01.2013
Lieferfrist: bis zu 10 Tage
Ein grotesk verwachsenes Paar, in die Platte geätzt von Francisco de Goya; ein Lustmord, den George Grosz mit verletzender Feder ins Papier tätowierte – oder Hannah Höchs Selbstbildnis als trauernde Mutter, im Duell mit dem Lebensgefährten Raoul Hausmann auf schneidend-scharf gemalten Schnitten: Anhand dieser und anderer Bildbeispiele zeigt die Autorin, auf welche Weise das Destruktive ebenso wie das Schöpferische in der Kunst des 19. und 20. Jahr­hunderts sichtbare Gestalt annimmt. Im Fokus steht das Verhältnis der Geschlechter unter den Bedingungen einer Moderne, die den künstlerischen Avantgarden neue Spielräume für Rückschritte, Zerstörungsakte und Gewaltverehrung eröffnet hat. Die Studie unternimmt kultur- und sozialhistorisch eingebettete Analysen ausgewählter Werke der Graphik, Malerei, Plastik und Aktionskunst, erfaßt kunstspezifische Formen männlicher wie weiblicher Destruktivität und enthüllt die zerstörerischen Dimensionen der Kultur.

Produkteigenschaften


  • Artikelnummer: 9783412180058
  • Medium: Buch
  • ISBN: 978-3-412-18005-8
  • Verlag: Böhlau
  • Erscheinungstermin: 03.01.2013
  • Sprache(n): Deutsch
  • Auflage: 1. Auflage 2013
  • Serie: Literatur - Kultur - Geschlecht. Große Reihe
  • Produktform: Kartoniert
  • Gewicht: 1078 g
  • Seiten: 650
  • Format (B x H x T): 156 x 231 x 1072 mm
  • Ausgabetyp: Kein, Unbekannt

Autoren/Hrsg.

Autoren

Künkler, Karoline

Dr. Karoline Künkler ist Kunsthistorikerin und wurde mit dieser Arbeit an der Universität Düsseldorf promoviert.

Vorwort
Einleitung
TEIL 1 – FRANCISCO JOSÉ DE GOYA Y LUCIENTES
I. Disparate 7 “Disparate Desordenado (Unordentliche Torheit)” (um 1815 – 24)
1. Das disparate Bildgefüge
a. Das angespannte Bild
b. Die invasorische Schwärze
c. Der kosmische Kehraus
d. Grelle Helle
2. Die Dämonie des Geschlechtlichen
a. Vermaledeite Weiblichkeit
b. Verkehrte Geschlechterwelt
c. Alles ist Maske und hinter der Maske ist: Nichts
3. Die Gruppenformationen
a. Die unheilige Allianz
b. Die Masse
4. Die groteske Bildsprache der Duplizität
a. Der Riß
b. Formkategorien des Grotesken
c. Zerspaltenheit als Struktur
d. Maske als ‘weibliches’ Prinzip
5. Die Doppelgestalt
a. Das monströse Unding
b. Die paradoxe Beziehungsdynamik
c. Ein grotesker Sündenfall
6. Ordnung im Verfall
a. Der Gestus des Zeigers
b. Der zerdehnte Augenblick
c. Die ruinöse Komposition
d. Die aus den Fugen geratene Welt
II. Zum kunst- und kulturgeschichtlichen Kontext
1. Das Groteske, die Moderne und das Zerstörungsphänomen
a. Ist das Groteske destruktiv?
b. Die Emanzipation der Kunst um 1800
c. Die anti-modernistische Wendung des Destruktionsbegriffs
d. Ist das Groteske dekonstruktiv?
2. Goyas Modernität als Produkt seiner grotesken Bildsprache
a. Der entmannte Held zieht sich zurück
b. Das Groteske in Goyas Graphik
3. Goyas groteskes Weiblichkeitsbild
a. Die Dämonisierung der Weiblichkeit in der Groteskforschung
b. Invasion der weiblichen Dunkelmächte
c. Goya und die Dialektik der Aufklärung
Zwischenspiel Femme fatale I: Fatum des Todes in Frauengestalt
TEIL 2 – LOVIS CORINTH UND CHARLOTTE BEREND-CORINTH
I. “Selbstporträt mit Rückenakt” (1903)
1. Die beherrschte Dialektik
a. Zum Begriff
b. Das Verhältnis zwischen Zierstreifen und Figurenbild
c. Die Paarfiguration
2. Die gemalte Selbstdefinition des Künstlers
a. Das “um ein weibliches Modell erweiterte Selbstporträt”
b. Modell fürs Leben
c. Des Künstlers Kultivierungsarbeit an der weiblichen Natur
d. Von männlichem Nutzen und weiblichem Schaden
e. Der weibliche Rückenakt als Schild
f. Die Kehrseite des Künstlers
3. Die Verwandlung von weiblichem Fleisch in männliche Kunst
a. Das Tanz-Motiv
b. Das transformierende “Sehen in Massen”
c. Rumpa – die ‘reine Form’ und ihre modernen Schöpfer
d. “Leuchtkraft des Nackten”
e. Das transformatorische Dreieck
II. Die bürgerliche Künstlerehe von Lovis Corinth und
Charlotte Berend-Corinth
1. Skizze zu einer Theorie der Künstlerpaar-Beziehung
a. Standardmodell und Gegenentwurf – die bürgerliche Künstlerehe und die bohemistische Künstlerpaar-Beziehung
b. Zwischen Wachstumsförderung und Karrierevernichtung
c. Unter den Bedingungen der patriarchalischen Kultur
d. Die Konstruktion der künstler-ehelichen Wirklichkeit
e. Das Künstlerpaar-Bildnis
2. Beziehungsgeschichte und Beziehungsschichten
a. Die Verwandlung
b. “Selbstporträt mit Rückenakt” als Wendemarke
c. Selbstbeschneidung
d. Die eheliche Praxis
e. Was geschieht mit der Künstlerin?
f. Die gegenseitige Wahrnehmung
g. Der Mythos vom Einzelkämpfer
III. Vom Kraftmensch zum Krieger
1. Der Künstlerheros und seine Viktoria
a. “Der Sieger” (1910)
b. Der Tugendheld bei Rubens und Corinth
c. Die Viktoria in der preußischen Denkmalkunst und bei Corinth
2. Corinths Ritter-Bilder
a. Das Ritter-Motiv im ideologischen Geflecht der Wilhelminischen Gesellschaft
b. Ritter und nackte Frau
3. Die Rittergestalt in der deutschen Malerei vom Ende des 19. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts
a. Abenteurer
b. Einsame Geistes-Ritter
IV. Die Integration künstlerischer Modernität und anti-modernistischer Geschlechterideologie
Zwischenspiel Femme fatale II: Judith
TEIL 3 – LUSTMORD. GEORGE GROSZ UND DIE ANDEREN
I. Der Lustmord und seine ersten Bildprägungen durch Grosz
1. Kontexte
a. Vermutlich: ein deutsches Motiv
b. Begriffe und Deutungsmuster
c. Eine (nahezu) unbekannte Größe: die Lustmörderin
d. Künstlerische Verarbeitungen
2. George Grosz: “Lustmord in der Ackerstraße” (1916/17)
a. Das Defektgespann
b. Zerstückte Mitte, rotierende Kräfte – und gähnende Leere
c. Mit Mörder-Augen sehen, den Blick des Künstlers ahnen
d. Rota. Es dreht sich um Vernichtung
II. „Aller Krieg ist wollüstig“
1. Weltenbrand. Künstler als Soldaten
2. Die Pathologie moderner Männlichkeit
a. Kriegsorgie und Bettkampf
b. Das kaputte Subjekt …
c. … und sein Feldzug gegen die ewige Hure
d. Der Künstler als Huren-Opfer
III. Der zerstückelte (Frauen-)Körper. Deutungsdimensionen
1. Die beiden Lustmord-Gemälde
a. Zweiter Höhepunkt und Anfang vom Ende des Lustmord-Bildes im OEuvre von Grosz
b. Das Motiv “zerstückelter Körper” bei Grosz und Goya
2. Die körperliche Faktizität vernichtender Gewalt – im Bild
a. Das Signum männlicher Verletzungsmacht und weiblicher Verletzungsoffenheit
b. ‘Aufgelöste Körper in Bildern’
c. Visuelle Quellen des Lustmord-Bildes
d. Der Lustmörder als ‘Text-Körper’
e. Vergeistigung von Gewalt und Verharmlosung des Grotesken
3. Groteskreflexionen über die moderne Kunst
a. Der Lustmörder als Künstler
b. Grande mort. Nekrophile Erotik und lustvolle Grausamkeit
c. Künstler-Mörder und Opfer-Modell
d. Der groteske Frauenfleisch-Torso …
e. … und sein destruktiver Kreator
f. Der Frauenfleisch-Torso als Todessymbol
IV. Zwischen Kultur-Diagnose und Echtheits-Effekt
1. Grosz und Dix – zwei Lustmord-Autoren im Vergleich
a. Die Zentralgestalt des Zerstörungsheroen (bei) Dix
b. Bildstrategien und Wirkungsabsichten. Erkenntnis – Schock
2. Ausblick: Vom Lustmord-Bild zum Serienmörder-Film
a. Das Lustmord-Bild verschwindet
b. Eine Sequenz in “Mann beißt Hund” (Belgien 1992)
TEIL 4 – HANNAH HÖCH UND RAOUL HAUSMANN
I. Hannah Höch: “Frau und Saturn” (1922)
1. Ein Künstlerpaar-Bildnis zerbricht
2. Die Mutter-Kind-Gruppe
3. Die Paar-Figuration
a. Die astro-mythologische Ebene
b. Der mythische Geschlechterkampf
c. Das Farb-Inferno
d. Die Bildsprache des Verletzens
II. Der “Schnitt mit dem Pinsel durch die Anatomie des dadaistischen Künstlerpaares”
1. Der gemalte Schnitt als Form bildkünstlerischen Reflektierens
2. Grenzüberschneidungen
III. Krieg der Köpfe
1. Demontage als weibliche Selbstbehauptung
2. Der dadaistische Kopfarbeiter und Hirntäter
a. Negation, konstruktive Zerstörung und Revolte in Permanenz
b. Selbstbezüglichkeit und der „‚Konflikt mit ALLEM‘“
c. Der Anti-Künstler. Rollenspiele und Gestaltprägungen
3. Entgegnungen. Tänzerin versus Da-Dandy
IV. Die dadaistische Künstlerpaar-Beziehung
1. Beziehung als Experiment: Versuchsanordnung und soziale Koordinaten
2. “Frau (Höch) und (Hausmann-)Saturn”. Liebe als permanenter Konflikt
a. Text-Terror
b. Etappen eines Zermürbungskriegs
c. Danach
V. Homme destructif. Ein Fazit
TEIL 5 – GINA PANE UND DIE AKTIONSKUNST
I. “Escalade non anesthésiée” (1970/71) – eine Selbstverletzungsaktion
1. Annäherungen
a. Der (entscheidende) christologische Aspekt
b. Die sozialkritische Dimension
c. Synthese
2. Die Selbstverletzungshandlung
a. Das Prinzip
b. Formen, Mittel und Modi
II. Vom statischen Bild zum leibhaftigen Tun
1. Die Übersetzung des Tafelgemäldes in Aktion
2. Regressio. Die Kunst will zurück
a. Die Einheit von Kunst und Leben
b. Fiktionen I: Kunst-Kult und kultische Kunst
3. Aggressio. Die Kunst geht ’ran
a. Grenzüberschreitung und Entgrenzung
b. Fiktionen II: Kunst oder Leben
III. Charisma. Männliche und weibliche Selbststigmatisierer in der Bildenden Kunst
1. Selbststigmatisierung oder: die Herstellung von Charisma
2. Imitatio Christi
a. Frömmigkeit, Leiden, künftiger Triumph
b. Engagement und Messianismus
3. Die doppelte Sonderstellung von Gina Pane
a. Im Vergleich zu Aktionskünstlern
b. Im Vergleich zu anderen Aktionskünstlerinnen
IV. Die Künstlerin als charismatische ‘Schmerzensfrau’
1. Der Schnitt: Wunden schaffen, Zeichen setzen
2. Schneiden und Schnitte in der Kunstgeschichte
3. ‘Authentische’ Weiblichkeit auf autodestruktivem Wege?
a. Wiederaneignung verletzter Weiblichkeit
b. Die Künstlerin als Konfliktgestalt
c. Phantasmatische Gegenwelten
d. Der einseitige body talk
V. Die Strahlkraft nimmt ab
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsnachweise