Grundlegend für Virginia Satirs Arbeit sind ihr Menschenbild und ihre Philosophie. Sie bilden die Basis für das Verständnis und ermöglichen gleichzeitig eine erste Annäherung an den therapeutischen Prozess von Virginia Satir. Teile dieser Philosophie, vor allem deren Leitgedanken, kristallisierten sich für die Autorin in ihrer langjährigen praktischen Erfahrung mit den Techniken und den Modellen Virginia Satirs heraus. Die Grundkonzepte dieser Philosophie werden im Nachfolgenden näher erläutert.
Die Stärkung des Selbstwertes ist die Grundlage für die Entwicklung kongruenten Verhaltens
Virginia Satir sah jeden Menschen als Manifestation einer universellen Lebensenergie und daher als etwas Besonderes und in letzter Konsequenz als Teil von etwas Göttlichem. Sie war davon überzeugt, dass jeder Mensch ein Wunder und es wert ist, geliebt zu werden. Sich selbst beschrieb sie als jemanden, der versucht, hinter das sichtbare Verhalten der Menschen zu blicken, um sich mit dem Kern - oder, wie sie es nannte, dem "reinen Geist" - zu verbinden. Diesen galt es an die Oberfläche zu holen und somit das wahre Wesen eines jeden Menschen zum Vorschein zu bringen. Sie sah es als die Aufgabe eines Therapeuten an, den Menschen zu helfen, "ein Leuchten in den Augen zu bekommen" und tief in sich ihren eigenen Wert zu spüren.
Für Satir sind Menschen Wesen mit vielen inneren Ressourcen. Diese Ressourcen sind z.B. die Fähigkeit, sich etwas vorzustellen, etwas zu erschaffen, etwas zu entdecken, etwas wahrzunehmen, zu fühlen, auszudrücken, zu wählen, couragiert oder weise zu sein. Werden diese Ressourcen angezapft, können sie dazu beitragen, den Selbstwert eines Menschen zu stärken. Andererseits glaubte sie, dass diese Ressourcen zu einem kleineren oder auch größeren Teil durch familiäre und gesellschaftliche Regeln blockiert sind und es so zu einer negativen Sinngebung von Selbstwert kommen kann. Wenn diese Ressourcen nicht frei verfügbar sind, ist es den Menschen nur schwer möglich, Zugang zu ihrem inneren Kern oder eigentlichen Wesen zu erhalten. Für Virginia Satir ist daher die Entwicklung des Selbstwertes eines Menschen einer der wichtigsten Faktoren in der therapeutischen Arbeit. Über den Selbstwert werden das eigene Verhalten und die Wahrnehmung von Welt gesteuert und gestaltet.