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Villa

Judith Butler

Eine Einführung

Medium: Buch
ISBN: 978-3-593-39432-9
Verlag: Campus Verlag GmbH
Erscheinungstermin: 30.11.2011
sofort versandfertig, Lieferfrist: 1-3 Werktage
Das Werk von Judith Butler übt seit zwei Jahrzehnten nachhaltigen Einfluss auf viele Debatten in den Sozial-, Kultur- und Geisteswissenschaften aus. Auch in den Feuilletons sowie in politischen Auseinandersetzungen ist sie immer wieder präsent. 1991 erschien ihr vieldiskutiertes Buch "Das Unbehagen der Geschlechter" mit der provokanten These, dass die Geschlechterdifferenz nicht biologisch, sondern performativ zu verstehen sei.

Heute gilt Butler als eine der Begründerinnen der Queer Theory und als Philosophin, die sich an der Formulierung einer Ethik der Verletzbarkeit versucht. Diese überarbeitete und erweiterte Einführung stellt Butlers Werk in den Kontext der zeitgenössischen Diskussion, geht auf die kontroverse Rezeption ein und hilft beim Verständnis der komplexen Argumentationen.

Produkteigenschaften


  • Artikelnummer: 9783593394329
  • Medium: Buch
  • ISBN: 978-3-593-39432-9
  • Verlag: Campus Verlag GmbH
  • Erscheinungstermin: 30.11.2011
  • Sprache(n): Deutsch
  • Auflage: 2. aktualisierte Auflage 2011
  • Serie: Campus Studium
  • Produktform: Kartoniert
  • Gewicht: 241 g
  • Seiten: 179
  • Format (B x H x T): 133 x 205 x 17 mm
  • Ausgabetyp: Kein, Unbekannt

Autoren/Hrsg.

Autoren

Villa, Paula-Irene

Paula-Irene Villa ist Professorin für Soziologie/Gender Studies an der LMU München.

Inhalt

Siglen. 7
Vorwort zur zweiten Auflage. 9
Einleitung. 11

1 Alles nur Text? Diskurs und Sprache. 19
2 Postsouveräne Subjekte. 35
3 Intelligible Geschlechter. 59
4 Materielle Körper. 79
5 Queer Politics, Queer Theory. 99
6 Verletzbarkeit, Trauer, Anerkennung – Ethik und Politik. 121
7 Rezeption und Wirkung. 143

Literatur. 165
Glossar. 173
Biografische Daten mit ausgewählten Buchpublikationen. 177

Einleitung

Kaum eine andere Autorin hat in der zeitgenössischen feministischen
bzw. Geschlechter-Theorie sowie in allen Disziplinen, die darin involviert
sind, für so viel Aufsehen gesorgt wie Judith Butler – kaum eine
andere Geschlechtertheoretikerin war, zunächst jedenfalls, derart umstritten.
Der Streit hat sich im Laufe der Jahre zugunsten einer
sachliche(re)n und präziseren Rezeption gelegt, die in Teilen gleichwohl
kritisch und kontrovers ist. Für viele ist heute womöglich nicht mehr
nachvollziehbar, welches tatsächliche Unbehagen das 1991 im Deutschen
erschienene Buch Das Unbehagen der Geschlechter ausgelöst hat,
und zwar sowohl innerhalb der Geschlechterforschung als auch in den
feministischen Öffentlichkeiten. Judith Butler wurde im deutschsprachigen
Raum zwar sofort nach Erscheinen ihres ersten deutschsprachigen
Buches ausgesprochen breit rezipiert (was keineswegs selbstverständlich
ist), sie wurde dabei allerdings zunächst mit Skepsis, ja mit
Ablehnung bedacht. Geradezu erbost reagierte manch gestandene Wissenschaftlerin
und manch arrivierter Wissenschaftler auf ihr Erscheinen.
Davon zeugen die ersten Auseinandersetzungen um 1993, etwa
Carol Hagemann-Whites Feststellung, bei Gender Trouble (so der Originaltitel)
handele es sich um ein 'höchst oberflächliches und ärgerliches
Buch' (Hagemann-White 1993, 69). Inwiefern dies zutrifft, müssen die
Lesenden letztlich selbst entscheiden. Dieser Band will dazu beitragen,
Vorurteile in Bezug auf die Texte Judith Butlers zu überwinden, auch
indem eine Orientierung für das selbstständige Lesen der Primärliteratur
gelegt wird.

Sicher ist, dass sich nicht erst, aber doch spätestens seit den Argumenten
Butlers sowie ihrer ungeheuren Produktivität in theoretischer
wie empirischer Hinsicht 'Geschlecht' nur mehr in Anführungszeichen,
als uneigentliche Eigentlichkeit verstehen lässt. Hierauf gehen die
Kapitel 3 und 4 besonders ein. Butler gilt überdies nicht nur als Mitbegründerin der 'Queer Theory' (vgl. Kapitel 5), sie steht auch für den
linguistic turn der Geschlechterforschung (vgl. Kapitel 1). Auch hatte
sie – wie sich zeigen wird, nicht ganz zu Recht – zunächst den Ruf einer
typisch 'postmodernen' Autorin, und sie gilt – dies nun zu Recht – als
ausgesprochen 'poststrukturalistische' Denkerin (vgl. Kapitel 1 und 2).
Zunehmend sichtbar hat sich seit den frühen 1990er Jahren, nicht zuletzt
unter deutlicher Bezugnahme auf Judith Butlers Texte, ein neues,
transdiziplinäres Feld etabliert, die Queer Studies (vgl. Hark 2005,
Kraß 2009), das sich in der gleichzeitigen Abgrenzung wie Überschneidung
zur feministischen bzw. Geschlechterforschung artikuliert. Dies
kann durchaus als Echo auf die – wenn auch nicht allein, so doch wesentlich
– durch Butler ausgelöste Destabilisierung der Grundkategorie
(Gender) der Geschlechterforschung verstanden werden. Im Ganzen
also hat sie, besonders im deutschsprachigen Raum, vielfache Grundannahmen
der akademischen Geschlechterforschung nachhaltig in Frage
gestellt, die bis weit in die 1990er Jahren dominant waren. Die Fokussierung
auf Butler übersieht jedoch, hierauf geht Kapitel 7 kursorisch
ein, dass so manche durch Butler formulierte Infragestellung so neu gar
nicht war – und dass auch die deutschsprachige feministische bzw. Gender-
Theorie keineswegs so homogen war wie im Nachhinein manchmal
suggeriert.

Viele Missverständnisse (die ja auch ausgesprochen produktiv sein
können) bei der Aneignung der Texte Judith Butlers, insbesondere im
deutschsprachigen Raum, waren bzw. sind ihrer Disziplinen übergreifende
Ausrichtung geschuldet: Judith Butler ist von Hause aus Philosophin
und lehrt als Professorin für Rhetorik und Literaturwissenschaft
an der University of California in Berkeley sowie als Gastprofessorin
(2012/13) am Department für Englisch und Vergleichende Literaturwissenschaften
der University of Columbia in New York. Ihre Überlegungen
leben jedoch vom produktiven Blick über den disziplinären Tellerrand
und von der Zusammenführung oft getrennter, disziplinär eingehegter
Debatten: Psychoanalyse, Philosophie, Sprachtheorie, Geschichte
und Sozialwissenschaften, politische Theorie, Ethik wie auch lesbische,
feministische, queere, race und postcolonial studies sowie politisch-intellektuelle
Engagements spielen in Butlers Texten eine zentrale Rolle.
Mehr noch: Diese Stränge und Konstellationen werden in bisweilen undisziplinierter
Weise miteinander verknüpft, was gerade im deutschsprachigen
Kontext zu vielfachen Irritationen führen kann. Diese Transdisziplinarität nötigt ihr Publikum, sich entsprechend (fort) zu bilden.
Soziolog_innen sind möglicherweise psychoanalytische oder ethischphilosophische
Terminologien nicht vertraut, und dies wirkt sich als anstrengende
Hürde bei der Lektüre aus. Literaturwissenschaftler_innen
werden womöglich bei den politiktheoretischen Ausführungen von
Butler das entsprechende Buch genervt beiseite legen, und manche Feminist_
innen, die sich Impulse z. B. für die netzpolitische Praxis erhofften,
geben bei den diffizilen Überlegungen zur Subjekttheorie resigniert
auf. Positiv lassen sich diese Erfahrungen aber wenden als undramatische
Effekte spezifischer Lesarten einer ungemein vielseitigen und entsprechend
breit rezipierten Autorin. Anders gesagt: Man muss zwar
nicht alle Feinheiten aller Bezugnahmen im Butlerschen OEuvre nachvollziehen,
um wesentliche Aspekte zu verstehen. Doch sollte man sich
auf unter Umständen zunächst fremde (und befremdliche) Begriffe sowie
Argumentationen einlassen wollen. Vor diesem Hintergrund möge
das vorliegende Buch gelesen werden als Einladung und Anleitung zum
Selbststudium.